„Wachsam sein, um die Demokratie zu schützen“
31.01.2024
Im Vorfeld der Stadtratssitzung am 25. Januar 2024 hielt Oberbürgermeister Kiechle eine kurze Ansprache, in der er den Wert der Demokratie und die Bedeutung eines friedlichen Zusammenlebens in Deutschland und in Europa betonte.
Hier der Wortlaut seiner Ansprache: „In ganz Deutschland gehen Menschen gegen Rechtsextremismus, für Toleranz und die Stärkung der Demokratie auf die Straße. Wir sehen und spüren, wie sich die Gesellschaft formiert und für Werte eintritt, die unsere Gemeinschaft ausmachen: Freiheit, Gleichheit, Solidarität, Demokratie, die Werte des Grundgesetzes.
Wir leben in einer Zeit, in der eben diese Grundwerte unserer Gesellschaft von verschiedenen Seiten herausgefordert werden. Der Anstieg rechtsextremer Bewegungen und Ideologien macht unübersehbar deutlich, dass wir wachsam sein müssen, um unsere Demokratie zu schützen.
Beim Treffen von einflussreichen AfD-Politikern mit Rechtsextremen und privaten Unterstützern in Potsdam ist das Unvorstellbare passiert: Hinter verschlossenen Türen wurde über die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland gesprochen. Dass so etwas heute geschehen ist, macht fassungslos! Dies zerstört das Ansehen unseres Landes in der Welt und bedroht unseren Wirtschaftsstandort.
Es ist ermutigend zu sehen, dass so viele Menschen bereit sind, auf die Straße zu gehen und sich gegen jegliche Form von Diskriminierung, Intoleranz und Hass auszusprechen. Auch in Kempten steht die Demokratie auf: Menschen positionieren sich gegen rechtsextremes Gedankengut und für eine offene, inklusive Gesellschaft.
Das ist gut und wichtig! Demokratie kann nicht nur konsumiert, sondern muss gelebt werden. Kempten ist ein Ort, an dem Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religionen und Überzeugungen friedlich zusammenleben. Diese Vielfalt ist ein Reichtum, den es zu schützen gilt.
In einem Jahr, in dem entscheidende Wahlen anstehen, in Deutschland und in Europa, ist dies umso wichtiger. Wenn wir in Gedanken beinahe 80 Jahre zurückgehen, dann kann man ermessen, welch gewaltige Wegstrecke wir in Europa in diesen Jahrzehnten zurückgelegt haben. Wo kommen wir her? Nach der in so vielem bedrückenden, schrecklichen und leiderfüllten ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts liegt es in unserer Verantwortung, daraus zu lernen und all das mit Klugheit, Geduld und Mut weiterzuführen, was unsere Väter und Großväter an Völkerverständigung, Rechtsstaatlichkeit, Annäherung, Vertrauen, Frieden, Freiheit, Demokratie und Wohlfahrt aufgebaut haben.
Nichts vom dem, was für die Zukunft von Bedeutung ist, kann von einem Staat allein erreicht werden. Die großen Herausforderungen wie Sicherung des Wirtschaftsstandorts Europas, Bewältigung der Flüchtlingskrise, Erhalt der Schöpfung und vieles andere mehr zwingen uns zur Zusammenarbeit.
Es ist ganz entscheidend, dass wir in Europa in Freiheit und Frieden zusammenleben und nie wieder in jene Zeit der Barbarei zurückfallen, die wir in unserem Land hinter uns gelassen haben. Die Gespenster nationalstaatlichen Denkens und des Fundamentalismus sind nicht nur dort zu Hause, wo sie heute augenscheinlich entfesselt sind. Wenn wir Frieden und Freiheit erhalten wollen, müssen wir den Weg zu einem geeinten Europa unumkehrbar machen.
Die Völker unseres Kontinents sind sehr verschieden. Aber gerade darin liegt doch eine phantastische Bereicherung. Die Chance liegt nicht in einer europäischen Einheitsfarbe, sondern in der ganzen Buntheit unseres Kontinents. Von keiner politischen Kraft und von niemandem dürfen wir uns auf unserem Weg zu einem geeinten Europa aufhalten lassen.
Und wir müssen klar machen: Hasstreiber haben dabei keinen Platz, nicht in Deutschland und auch nicht in Kempten! Lassen Sie uns gemeinsam für eine Stadt und ein Land eintreten, das auf den Prinzipien der Freiheit, Gleichheit und Solidarität basiert.
Dazu müssen wir mit den Bürgerinnen und Bürgern reden und zuhören - und sie einbinden beim Ringen um Lösungen. Und unser Gemeinwesen nicht immer nur schlecht reden, sondern gemeinsam anpacken. Dann werden wir Lösungen finden für die durchaus ernsten und herausfordernden Aufgaben, vor denen unser Land steht.“
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