Kunstpreis der Stadt Kempten 2024
Der Kunstpreis der Stadt Kempten (Allgäu) wird der Künstlerin Julia Obermaier für ihr Werk „Du bist dran“ verliehen.
Begründung der Jury:
Julia Obermaier stellt Verbrauchsprodukte wie Bleistift, Radiergummi und Papierzettel mit edelsten Materialien dar und hinterfragt damit unser Verständnis sowohl des Materials als auch der Produkte. Sie überträgt ihr phantastisches handwerkliches Können und die Materialien, die wir eigentlich aus dem Bereich des Kunsthandwerks und des Schmucks kennen, und übersetzt sie in autonome Kunstwerke. Sie löst den Widerspruch auf, solch banale Gegenstände in wertvollen Materialien umzusetzen.
Ihr Werk ist auch ein Blick zurück in die Kindheit, in der die Verwendung dieser Materialien zur handschriftlichen Überlieferung noch selbstverständlich waren. Dadurch ergibt sich ein Gegensatz zur heutigen Zeit, die durch Tablets, Computer und Smartphones geprägt ist. Neben dem perfekten Umgang und der Bearbeitung des Materials beinhaltet das Werk auch einen hochaktuellen Subtext. Denn in der digitalen Gegenwart sind Fragen danach, was real und was fake, was echt und was Imitation, was handgemacht und was KI ist, wichtiger als je zuvor. Das mag ein Grund sein, warum in Social Media zunehmend mit hyperrealistischen Mitteln gearbeitet wird, um so Aufmerksamkeit zu erzeugen. Julia Obermaier schafft es mit ihrer Kunst, einen Überraschungsmoment auszulösen, die trotz der kurzen Aufmerksamkeitsspanne der Betrachter:innen funktioniert. Das Werk ist einerseits in der Gegenwart verortet, spielt aber auch mit der Verherrlichung von Nostalgie nach dem Motto „Früher war alles besser, echter und handgemachter“.
Julia Obermaier über ihre Arbeit „Du bist dran“:
„Du bist dran“ besteht aus drei Objekten, die in ihrer Kombination eine ganze Erinnerungslandschaft formen: einen abgerissenen Block mit eingravierten Zeichnungen, einen Bleistift und einen anradierten „Ratzefummel“. Diese Objekte unserer Alltagskultur verkörpern Vergänglichkeit, Flexibilität, Korrektur und Flüchtigkeit.
Doch werden sie hier einem sehr traditionellen, harten und beständigen Material – dem Edelstein – gegenübergestellt.
Gemeinsam lösen Sie bei den Betrachter:innen Empfindungen von Geruch, Haptik, Geräuschen, aber auch Spiel, Freude und Langeweile aus vergangenen Tagen aus. Sie bringen uns gedanklich zurück in unsere Kindheit und fangen Erinnerungen an eine Zeit ein, in der die Welt noch unentdeckter vor uns lag. Eine Zeit in der jeder Strich auf dem Papier ein Abenteuer im Alltag war. (…) Genau wie ihren „natürlichen“ Vorbilder sind sie Tischobjekte und Handschmeichler. Sie sind gemacht, um berührt zu werden – unsere Juwelen aus der Kindheit.
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Portraitfoto der Künstlerin Julia Obermaier, Foto: Foto Sienz
Film-Porträt Julia Obermaier