Förderpreis der Dr.-Rudolf-Zorn-Stiftung
Vero Haas wird von der Jury für ihre Arbeiten „An jedem Ort, überall (I)“ und „An jedem Ort, überall (II)“ (Tusche auf Papier, 42x29,7) mit dem Förderpreis der Dr.-Rudolf-Zorn-Stiftung 2022 ausgezeichnet.
Begründung der Jury
Das sind zwei schöne, stimmige Arbeiten, sehr schlicht und reduziert im Material. Es ist auffällig, dass das Material ein Ausreißblock ist, dessen Löcher noch zu sehen sind, ein ganz einfaches Material.
Die Jury begrüßt es, dass die Künstlerin sich Gedanken gemacht hat, wie die Werke präsentiert werden. Die Blätter sind leicht abgehoben vom Hintergrund, sie werden durch die Abstandshalter nicht plattgedrückt und sind perfekt in den Rahmen eingepasst.
Das Werk entsteht wohlüberlegt, aber doch flott auf diesem Skizzenblock. Das Skizzenhafte der Tusche ist nicht korrigierbar. Dass ein bisschen über den Rand gezeichnet wurde und die Tuschespuren auf der Perforierung zu sehen sind, ist Teil dieser Skizzenhaftigkeit. Man ist als Betrachter*in beim Schaffensprozess der Künstlerin dabei, man spürt ihre Vertiefung und Konzentration. Deswegen ist es schön, dass genau diese Stellen auch sichtbar sind und bleiben.
Es ist großartig, wie Vero Haas die Tusche aufarbeitet. Bei dem einen Bild herrscht fast eine informelle Atmosphäre, im oberen Drittel wird es dann strenger. Dadurch bekommt man auch eine Vorstellung von Räumlichkeit und Tiefe. Beim anderen Bild entsteht durch die Perspektive des Wegs sehr viel Dynamik. Es ist kein einheitlicher Duktus, sondern die Pinselstriche und Federstärke variieren.
Vero Haas über ihre Arbeit
Meine künstlerische Praxis erlaubt mir, die Welt auf eine intensivere und persönlichere
Weise zu betrachten, sie zu verarbeiten und mir anzueignen. Mich fasziniert dabei die
Unmittelbarkeit und Intuitivität von Malerei und Zeichnung, die eine emotionale Wiedergabe
meiner Wahrnehmung ermöglichen, die ohne Übersetzung funktioniert. Es gibt mir die Möglichkeit zu zeigen, was unsichtbar ist, aber auch bildinterne Informationen
vorzuenthalten und zu verschleiern.
Ich will in meinen Arbeiten eine Ambivalenz schaffen, sehen ohne zu wissen. Mit einer empathischen Neutralität betrachte ich alles auf die gleiche Weise, die Figur ist nicht von ihrer Umgebung zu trennen.
Oft steht die Natur und zwischenmenschliche Beziehungen im Mittelpunkt meiner Arbeit. Mich beschäftigt die Frage, wie wir uns zur Natur verhalten, als von der Umwelt abhängigen und doch von ihr entfremdeten Spezies. An jedem Ort, überall ist die Natur (gewesen) und auch an (fast) jedem Ort haben wir unsere Spuren hinterlassen.
Meine Farben mische ich selbst aus nachhaltigen Materialien wie Baumharz, Öl, Eiweiß und
Pigmenten. Ich versuche die Perspektive zu wechseln und die der Natur einzunehmen:
one day you’ll be gone but I won’t.