Förderpreis der Dr.-Rudolf-Zorn-Stiftung
Jonas Maria Ried aus Weitnau wird von der Jury für sein Videoarbeiten „CIRCLING TREES“ und „KALTES KINO" mit dem Förderpreis der Dr.-Rudolf-Zorn-Stiftung 2023 ausgezeichnet.
Begründung der Jury
Jonas Maria Ried ist ein ernstzunehmender junger Künstler, dem Kunst unglaublich wichtig ist und der auch schon an vielen Ausstellungen mitgewirkt hat. Der Förderpreis soll ihm dazu dienen neue Werke zu entwickeln und seine Pläne und Ideen umzusetzen.
Der Künstler lernte Holzbildhauer und schuf bereits in seinem Studium an der Kunstakademie in Stuttgart erste Videoprojekte. Nach seinem Studium zog er dann ins Allgäu in die Nähe von Weitnau. Er fing an, sich mit den Vorstellungen von ländlicher Idylle und der Vereinnahmung der Natur durch „den Städter“ zu beschäftigen.
Bei den „Circling Trees“ wird das Verhältnis von Mensch und Natur auf eine hintersinnige, humorvolle und absurde Weise ausgelotet. Dabei geht es ihm auch um die Vereinnahmung der Natur durch den Menschen, der sie zur Plattform einer Erlebniskultur macht. Die Aktion, sich von einem Baum herunterzuschwingen und dabei die verschiedenen Baumrinden unterschiedlich zum Klingen zu bringen, dokumentiert nicht einfach, sondern entwickelt eine Sogwirkung mittels der gefilmten Bilder. Die Bildmotive und Einstellungen haben eine sehr hohe formale Qualität.
„Das kalte Kino“ entstand im Winter 2021 im Lockdown und ist für die Jury ein sehr schönes Zeugnis dieser Zeit. Das Werk zeigt im tief verschneiten Allgäu ein Iglu, aus dem heraus der Künstler eigene Videos auf eine große Schneewand projizierte. Er inszeniert eine Kinosituation, die eigentlich der Zusammenkunft von Menschen dient, wobei sich aber ein einzelner Mensch in eine selbstgewählte Isolation draußen in der Natur begibt. Die Videoarbeit stellt eine Metapher dar für Einsamkeit und endlosen Stillstand im Lockdown. Der Film ist nicht nur sehr atmosphärisch dicht und die Bilder bleiben haften, sondern er ist auch handwerklich großartig umgesetzt.
Die Jury findet, dass die Videokunst von Jonas Maria Ried sowohl formal als auch in der technischen Umsetzung perfekt ist. Es stecken viele interessante Gedanken darin, die mit der Kulturlandschaft und den Menschen zu tun haben, aber nicht belehrend wirken.
Jonas Maria Ried über seine Arbeit:
Für die Ausstellung in Kempten wollte ich zwei meiner Videoarbeiten gegenüberstellen, die ganz unterschiedlichen Ansätzen folgen. Das Video KALTES KINO zeigt eine dokumentierte Aktion im Corona-Winter 20/21. Demgegenüber steht die neuere Performance CIRCLING TREES, die explizit auf das Kameraauge ausgelegt war.
Natur - oder konkreter – Landschaft nutze ich als Rahmen und Bühne für meine Aktionen. KALTES KINO war eine spontane Installation: ein Kino als Bühne für meine Arbeiten - ohne Publikum. Es war der zweite und gefühlt längste Lockdown. Mein Wohnort Weitnau war tief im Schnee versunken und ich entschied unangekündigt ein Schneekino auf freiem Feld neben einer Langlaufloipe zu installieren. KALTES KINO war eine Veranstaltung, die keine sein durfte, und sie verweist auf den Stillstand und die einhergehende Häuslichkeit während der Corona-Pandemie. Das Gefühl des nicht enden Wollens dieser Zeit spiegelt sich in den Videos durch endlose Wiederholungen. Abend für Abend wurden meine Videos DREAM OF ICELAND, SESSELLIFT, WALDRANDFICHTE und WASSERSTURZ auf die Schneewand projiziert. Die ungemütliche, eindrücklich kalte Natur vor Ort vermischte sich mit meinen digitalen Naturbildern. In diesem Spannungsverhältnis wurde ich und die wenigen Besucher immer wieder aus der Passivität des Videokonsums herausgerissen.
Die Videoperformance CIRCLING TREES knüpft an die frühere Arbeit WALDRANDFICHTE an, die ich zuvor realisiert habe. Damals hatte ich mit Hilfe einer technischen Konstruktion eine Fichte in Rotation versetzt. Jetzt drehte ich mich in verschiedenen Wäldern wie ein Zirkel um Bäume. Über mehrere Wochen und Monate suchte ich nach freistehenden Bäumen und brachte mir das Klettern bei. Das Seil erzeugte in den Wäldern je nach Baumart unterschiedliche Geräuschkulissen. Auch hier ist es wieder eine bühnenhafte Aktion, in der ich mich in das Landschaftsbild hineinzeichnen oder bohren wollte. Traumwandlerisch und naturverbunden kreise ich um Bäume und schaffe ein persönliches Ritual. Eine weitere Annäherung an die Mensch-Natur-Beziehung.
Bild: Jonas Maria Ried vor seiner Videoarbeit "CIRCLNG TREES"
Videostills: Jonas Maria Ried