Trauer – Schmerz – Verlust Vielfältig sind auch die Emotionen, die die Trauer hervorbringen kann: Ohnmachtsgefüh- le und Versagensängste, Angst und Verzweiflung vor dem Alleinsein, Wut auf das Schick- sal oder Wut auf Gott, Schuldgefühle und viele andere Gefühle. Und mitten drin immer wieder schmerzliche Erinnerungen, die eine tiefe Sehnsucht nach dem Verstorbenen her- vorrufen. Für das soziale Umfeld der Trauernden ist es nicht immer einfach, mit der veränderten Lebenssituation des von dem Verlust eines geliebten Menschen Betroffenen umzugehen. Während in früheren Zeiten den Trauernden ein konkreter Zeitraum, das sogenannte Trauerjahr für ihre Trauer zugestanden wurde, wird in der Gegenwart von Nichtbetrof- fenen oft erwartet, dass der Trauerweg möglichst schnell bewältigt wird. Nicht wenige wünschen sich, dass der Freund, Kollege oder Angehörige möglichst schnell wieder mitten im Leben steht, dass der Alltag wieder weitergeht. Trauernde aber sind aus der Alltagsbahn geworfen und können nach dem Abschiednehmen nicht einfach in den Alltag zurückkehren als wäre nichts geschehen. „Denn mit dem Tod der anderen muss man leben.“ Konkret bedeutet das zuallererst: Man muss den Schmerz der Trauer durchleben. Die Hauptaufgabe für das Umfeld besteht daher darin, dem Trauernden dies zuzugeste- hen. Dabei geht es schlichtweg darum, den Weg des Trauernden, wenn es gewünscht ist, mitzugehen und den Menschen in seiner Trauer so auszuhalten wie er einem begeg- net. Manchmal sind Nichtbetroffene verunsichert, weil sie nicht wissen, was sie sagen sol- len und weil sie die Bedürfnisse des Trauernden nicht erfassen können. Solch ein Gefühl der Unsicherheit gilt es in aller Offenheit zu benennen und die Frage nach den Bedürfnis- sen anzusprechen. Das hilft beiden Seiten, weil es dazu beiträgt, dass Vertrauen wach- sen kann. Mit dem Tod des anderen zu leben bedeutet jedoch mehr als den Schmerz zu durchleben und die Erinnerung an das Leben des geliebten Menschen aufleben zu lassen. Der Grund ist die Liebe, „denn Liebe ist stark wie der Tod“ (Hohelied 8,6). Sie währt über den Tod hinaus und macht es möglich, dass man mit dem Verstorbenen im Herzen tief verbunden bleibt. Daher wird ein Trauernder den geliebten Menschen nie vergessen und in der Liebe zu dem Verstorbenen weiterleben. Dies zu tun, darf er sich selbst erlauben und dies muss ihm vor allem auch sein Umfeld erlauben! Ein Trauerprozess ist auch nach einem Jahr nicht abgeschlossen. Die Trauer verändert sich im Laufe der Zeit und doch bleibt ein ge- wisser Schmerz für immer bestehen. Aber der Raum zum Trauern gibt der Liebe Raum und der Sehnsucht Raum und hilft so, in der Trauer nicht zu erstarren, sondern neu zu leben. Jutta Schröppel, Seelsorge und Trauerbegleitung Bunter Kreis Allgäu 73