Stadt Kempten Rathaus & Politik Zukunft Kempten Klimaschutz Kommunale Wärmeplanung Klimaschutzbeitrat

Klimaschutzbeitrat vom 17.02.2025

Im Klimaschutzbeirat vom 17.02.2025 wurden folgende Punkte behandelt:

TOP 1: Rückblick 2024 Energie Projekte Amt für Gebäudewirtschaft

TOP 2: Sachstand Kommunale Wärmeplanung - Ergebnisse und Maßnahmen

TOP 3: Apell für den Ausbau erneuerbarer Energien zur Stromversorgung des Stadtgebiets

TOP 4: Sonstiges

In den darauf folgenden Punkten finden Sie die Protokolle zu den jeweiligen TOP´s. Des Weiteren finden Sie hier die verschiedenen Sitzungsunterlagen.

Protokolle des Klimaschutzbeirats vom 17.02.2025

TOP 1-4

Im Jahr 2024 wurde eine Vielzahl von Energie-Projekten in den Bestandsgebäuden der Stadt Kempten durch das Amt 69 realisiert. Auf städtischen Gebäuden wurden vier PV-Anlagen neu errichtet. Hinzu kommt noch die Übernahme der Bestands-PV-Anlage auf dem Bauhof nach Beendigung eines Dach-Pachtvertrags am 31.12.2023. Somit erhöht sich 2024 die im Eigentum der Stadt Kempten befindliche installierte PV-Leistung von bisher 56 kWp um 131 kWp auf 187 kWp. Mit der Übernahme von zwei weiteren Bestands-PV-Anlagen und der geplanten Errichtung einer weiteren PV-Anlage auf dem Dach der Seniorenbetreuung Altstadt erhöht sich die Gesamtleistung in 2025 auf 266 kWp. Mit der aus Sonnenenergie erzeugten Strommenge auf städtischen Dachflächen können somit ca. 75 Haushalte versorgt werden. Mit dem Anschluss des Stadttheaters Kempten an die Fernwärme reduziert sich der jährliche Gas-Bezug um ca. 23.000 m³ bzw. 46t CO2. Durch das 2023 in Kraft getretene Verbot für Leuchtstoffröhren ist es erforderlich die Beleuchtung schrittweise, meist ereignisorientiert, auf LED umzustellen. Aufgrund der höheren Lichtausbeute verringert sich die Leistung um über 50%. Die erzielte Einsparung wird allerdings nicht vollständig ausreichen, den steigenden Strombedarf durch die zunehmende Digitalisierung (digitale Tafeln, Ladestationen Tablets…) in den Schulen auszugleichen. Die umgesetzten Projekte helfen, Kosten und den CO2-Ausstoß zu verringern. Darüber hinaus werden Preisrisiken reduziert und die Wertschöpfung bleibt vor Ort. Umso wichtiger ist es, zukünftig ausreichend Mittel im städtischen Haushalt für die Fortführung einzuplanen und, bei Bedarf, gemeinsam mit dem Denkmalschutz Lösungen zu erarbeiten. Nach dem Bericht von Herrn Siegert, unterstreicht Frau Stadträtin Epple, dass es gut sei, darzustellen, was die Stadt in Sachen Energieeffizienz tut, weil oftmals in der Bürgerschaft die Meinung vorherrsche, dass die Stadt zu wenig in diesem Bereich macht. Auf die Frage von Herrn Prof. Steyer, wie der über städtische PV-Anlagen erzeugte EE-Strom genutzt wird und wie eine gute Amortisation der Kosten für eine PV-Anlage sichergestellt werden könne, antwortet Herr Siegert, dass die Stadt versucht, möglichst viel des erzeugten Stroms selbst zu nutzen. Je höher der selbst genutzte Eigenanteil des erzeugten Stromes ist, desto höher sei die Amortisation für die Stadt Kempten. Bei der Entscheidung, ob eine PV-Anlage von der Stadt übernommen wird, werde zuerst geprüft, ob es für die Stadt von Interesse sein könnte, die Anlage zu übernehmen oder ob der bisherige Eigentümer die Anlage behalten sollte. Wenn eine Anlage übernommen wird erhält die Stadt im ungünstigsten Fall lediglich die Einspeisevergütung für den erzeugten Strom. Wenn es andere Möglichkeiten der Stromnutzung für die Kommune gibt – dies wird derzeit rechtlich geprüft – dann würde sich der Nutzen sowohl für die Stadt Kempten und den Nutzer erhöhen. Auf die Frage von Herrn Dr. Schießl, wie die Abstimmungen zwischen Amt 69 und dem Denkmalschutz laufen, antwortet Herr Siegert, dass man auf einem guten Weg sei, die unterschiedlichen Interessen des Denkmalsschutzes und der Gebäudewirtschaft abzustimmen und Lösungen zu finden. Herr Koemstedt ergänzt, dass beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in den letzten Jahren durchaus ein Umdenken stattgefunden hat. In Pilotprojekten wurden viele Möglichkeiten untersucht, wie PV-Anlagen bzw. PV-Folien besser in denkmalgeschützte Gebäude integriert werden könnten. Vor allem in ensemblegeschützten Bereichen ist es heutzutage möglich, PV-Anlagen zu installieren. Die Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt Kempten habe sich auch auf diesen Weg begeben und berate Bauherren diesbezüglich. Herr Stadtrat Hartmann fragt ob es für Beleuchtungsanlagen in den Klassenräumen der Kemptener Schulen bereits Sensorik für Helligkeit und Bewegung gibt. Herr Siegert erläutert, dass in den Schulen sowohl herkömmliche Schaltertechnik wie auch Sensorik verbaut ist. Erfahrungen zeigen, dass die Lebensdauer moderner Technik eingeschränkt sei und die Ausfallrate nach 5-7 Jahren sehr hoch sei. Es träten bei der BUS-Technik vermehrt Fehler auf, die dazu führten, dass sich Lichtanlagen von selbst einschalten und z.B. über Nacht eingeschaltet bleiben. Außerdem werden für die moderne Schalttechnik Elektroinstallateure benötigt, die solche Anlagen programmieren können. Dies sei ein zusätzlicher Beweggrund, warum die Stadt derzeit noch ein wenig zurückhaltend sei bezüglich zu viel Technologie in den Klassenzimmern. Frau Stadträtin Epple fragt wie es in der Stadt Kempten bezüglich der Umstellung auf LED-Straßenbeleuchtung aussieht. Herr Koemstedt erläutert, dass die Stadt bei diesem Thema anlassbezogen agiert. Die Stadt hat bereits an vielen Stellen auf eine LED-Straßenbeleuchtung umgestellt und wird weiterhin die Umstellung straßenzügeweise vornehmen, wenn dort die alten Natriumdampflampen ausfallen. Viele Kreuzungen und Knotenpunkte seien bereits mit LED-Lampen bestückt. Bei den Umstellungen kommen von Bürgerseite viele Beschwerden, dass das LED-Beleuchtung zu gleißend hell sei. Es gibt also auch Grenzen in der Akzeptanz bei der Umstellung, aber die Stadt Kempten ist auf einem guten Weg. Die straßenzügeweise Umstellung muss finanziell und personell leistbar sein. Abschließend kommentiert Frau Epple, dass sie einigermaßen erschüttert sei, dass in den Schulen durch die Digitalisierung sämtliche Einsparpotenziale aufgefressen werden. Sie plädiert deshalb dafür, dass die Stadt Kempten bei Entscheidungen über neue digitale Projekte immer berücksichtigen müsse, wie viel Strom pro Jahr durch so ein neu zu installierendes Projekt benötigt wird und ob es vielleicht die Möglichkeit gibt, diese Projekte mit Solarzellen zu bestücken und energieautark zu machen.

Der Klimaschutzbeirat hatte sich zuletzt im September 2023 mit dem aktuellen Stand von Energienutzungsplanung und Wärmeplanung beschäftigt und der weiteren Vorgehensweise zugestimmt. Es wurde berichtet, dass zunächst (an Stelle des Energienutzungsplans) eine kommunale Wärmeplanung durchgeführt werden solle. Ein Förderantrag für die Erstellung einer Wärmeplanung mit förderfähigen Gesamtausgaben in Höhe von 210.495,20 Euro wurde im Juli 2023 bei der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) eingereicht, die entsprechende Förderung wurde auch bewilligt. Als zweiter Schritt sollte die Wärmeplanung in einen ganzheitlichen Energie- und Strukturplan integriert werden. Dieser ganzheitliche Energie- und Strukturplan wurde vom Kemptener Stadtrat am 29. Juni 2023 als eine Maßnahme im Smart City Modellprojekt der Stadt Kempten beschlossen und beinhaltet neben der separat ausgearbeiteten Wärmeplanung den digitalisierten Flächennutzungsplan, eine Flächenplanung für erneuerbare Energieerzeugung (Freiflächen-PV etc.) sowie die Planungen zur Weiterentwicklung des Stromnetzes in Kempten (inklusive Speicherinfrastruktur und Ladeinfrastruktur für Elektromobilität). Der Energie- und Strukturplan soll in den Digitalen Zwilling der Stadt Kempten eingebunden und den Bürgerinnen und Bürgern öffentlich zur Verfügung gestellt werden. Für die Erstellung des ganzheitlichen Energie- und Strukturplans über das Smart City Projekt liegt die Förderquote bei 65 Prozent. Erste Kostenschätzungen gehen hierfür von einem Gesamtfinanzbedarf von ca. 200.000 Euro aus. Es wurde berichtet, dass der integrierte Energie- und Strukturplan erst nach Vorliegen der Wärmeplanung, voraussichtlich im Jahr 2025, umgesetzt werden kann. Im Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz am 09.10.2023 wurde dem vorgeschlagenen Vorgehen zugestimmt, die Verwaltung begann mit der Ausschreibung der Kommunalen Wärmeplanung. Am 06.12.2023 wurde im gleichen Ausschuss berichtet, warum es für die Stadt sinnvoll ist, unabhängig von Fördermittelzusagen das bereits laufende Ausschreibungsverfahren mit Abgabefrist 15.12.2023 weiterzuführen. Zudem wurde bereits über die geplante Vergabe durch eine dringliche Anordnung des Oberbürgermeisters informiert, da der zuständige Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz erst wieder im März 2025 tagen würde. Entsprechend der Vergabekriterien ging die greenventory GmbH aus Freiburg mit einer Angebotssumme von 158.900 € netto (189.091 € brutto) als Siegerin aus der Angebotswertung hervor und wurde noch im Dezember 2023 beauftragt. Für die Auftragserteilung im Jahr 2023 standen ausreichende und für das Jahr 2023 nicht mehr verplante Haushaltsmittel zur Verfügung auf den Haushaltsstellen KSM 1142.6551 und 66 Brücken-Unterhalt 6300.5141. Diese Mittel wurden für die Zwischenfinanzierung auch eingesetzt. Die Fördermittelzusage über 90% der beantragten 210.495,20 € in Höhe von 189.445,00 € ging mit dem Zuwendungsbescheid vom 17.07.2024 bei der Stadt ein, zudem kann die Stadt voraussichtlich auch noch vom Land Bayern im Jahr 2025 eine Verwaltungskostenpauschale in Höhe von 23.200,00 € erhalten - was bedeuten würde, dass der Wärmeplan quasi kostenfrei für die Stadt erstellt werden konnte. Nach der Auftragsvergabe im Dezember 2023 floss die erste Hälfte des Jahres 2024 in die Erstellung des Digitalen Zwillings und die Datengrundlagenermittlung. Im Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz am 18.03.2024 fand in der öffentlichen Sitzung der Auftakt zum Start der Wärmeplanung statt. Die Datenerhebung konnte im Juni 2024 weitestgehend fertig gestellt werden. Da im Wettbewerb um Firmen und Fachkräfte der Dekarbonisierungsstand einer Kommune sowie das Angebot an erneuerbarer Energie und Wärme zunehmend zu einem interessanten und wichtigen Standortmarketingfaktor werden wird und die Wärmeversorgung und auch die Kosten der Wärmeversorgung für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt wie für die Unternehmen eine bedeutende Rolle in den nächsten 10 Jahren spielen werden, empfahl es sich, von Anfang an auf eine breite Einbindung aller lokalen Akteure zu setzen. Dafür wurde die Wärmeplanung von 3 Fachkräfte - Workshops begleitet. Die Akteure vertraten Politik und Verwaltung, Versorger und Handwerk, Wohnungswirtschaft und Unternehmer sowie Vereine und Verbände. Im Juni wurden zunächst alle Teilnehmenden auf denselben Wissensstand bzgl. der KWP gebracht, anschließend wurden Chancen und Herausforderungen, Treiber, Bremser und erste Maßnahmenideen abgesteckt. Im August wurden dann die Ergebnisse der Bestands- und Potentialanalyse vorgestellt, es folgte eine Diskussion erster möglicher Maßnahmen. Und im November schließlich wurden die Ergebnisse in Form eines Zielkatalogs, konkretisierte Maßnahmenideen und die Ausarbeitung und Priorisierung von Maßnahmen in Angriff genommen. Diese Inhalte wurden in verkürzter und auf das Wesentliche reduzierter Form im Januar 2025 in einem Bürgerdialog vorgestellt und diskutiert. Die Wärmeplanung besteht im Wesentlichen aus drei Bausteinen. In einer ausführlichen Bestandsanalyse wird der Ist-Stand analysiert, in der Potentialanalyse das rechnerisch - technisch nutzbare Potential an erneuerbaren Energien ermittelt und dem Bedarf gegenübergestellt, und aus diesen beiden Faktoren wird ein Zielszenario mit Versorgungsgebieten für 2035 entwickelt, das durch bestimmte Maßnahmen und Handlungsvorschläge umgesetzt oder zumindest weiter vorangebracht werden soll.

Folgende wichtige Themen ergab die Bestandsanalyse nach §15 WPG:

- Gas und Heizöl dominieren die Heizsysteme; die derzeitige Wärmebereitstellung erfolgt zu ca. 75% fossil (53,3% Erdgas, 21,4% Heizöl).

- Ca. 50% des Wärmebedarfs (und der Treibhausgasemissionen) entfallen auf den Wohnsektor.

- Ausgehend von der Innenstadt zum Stadtrand hin herrscht alter Gebäudebestand vor; 72% aller Gebäude wurden vor der ersten Wärmeschutzverordnung erbaut.

- 25 % des Endenergiebedarfs liefert die Fernwärme (basierend auf thermischer Abfallverwertung); das weiträumige Fernwärmenetz vom ZAK bietet großes Zukunftspotenzial. Der rechnerisch ermittelte Wärmebedarf für die Gesamtstadt liegt bei 746 GWh/a.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass für das Klimaschutzziel der Stadt Kempten (Allgäu) in der „Wärmewende“ – also der Umstellung der Wärmeerzeugung auf erneuerbare Energien – ein großes Potential zur Dekarbonisierung liegt. Die Potentialanalyse nach § 16 WPG beschäftigt sich mit dem technisch nutzbaren Potential, das in Kempten für die erneuerbare Energieversorgung aktiviert werden könnte. Mit dem technisch nutzbaren Potential kann Kempten bilanziell betrachtet spielend versorgt werden – allerdings fließen in diese Betrachtung noch keine Wirtschaftlichkeitsberechnungen ein. Das tatsächlich realisierbare Potential, das sich aus Wirtschaftlichkeitsberechnungen und den politischen, sozialen und gesellschaftlichen Kriterien ergibt, ist naturgemäß viel kleiner und in der Umsetzung der Wärmeplanung mit allen Beteiligten der Stadtgesellschaft abschließend zu verhandeln.

Nachfolgend die wichtigsten Inhalte aus der Potentialanalyse:

- Große Potentiale liegen in der Sanierung des Gebäudebestands

- Die thermischen Potentiale Kemptens sind bilanziell betrachtet technisch ausreichend für eine erneuerbare Energieversorgung

- Die größten Potentiale liegen in der Fläche (Umweltwärme, Erdwärme, Solarthermie, Photovoltaikanlagen zur Stromversorgung); allerdings sind hier große Flächenkonkurrenzen zu beachten

- Für Einzelgebäude ohne Wärmenetzoption liegt die naheliegendste und oft effizienteste Lösung in Wärmepumpen in Verbindung mit Dach-PV-Anlagen

- Machbarkeitsstudien könnten industrielle Abwärmeprozesse sowie die Flusswasserwärme quantifizieren und die Wirtschaftlichkeit prüfen. Aus den Ergebnissen der Analysen wurden mögliche Wärmeversorgungsgebiete und ein Zielszenario für Kempten im Jahr 2035 entwickelt. Dabei wurde die Eignung verschiedener Gebiete für eine mögliche Dekarbonisierung bis 2035 untersucht. Aufgrund fehlender Transformationspläne wird deutlich, dass in Runde 1 der Wärmeplanung für Kempten im Wärmeplan noch keine verbindlichen Gebietszuweisungen möglich sind, die ein sofortiges politisches Handeln mit Ausweisung und Satzungsgebung von Sanierungsgebieten, Wärmenetzausbaugebieten und Vorranggebieten für eine bestimmte Art der Wärmeversorgung erforderlich machen. Konkretisiert und inhaltlich dargestellt werden jedoch Eignungsgebiete für die Wärmeversorgung und Untersuchungsgebiete für den weiteren Wärmenetzausbau sowie für die Ausweisung von Sanierungsgebieten. Die genaue Lage und Darstellung der Gebiete werden jetzt für die Endfassung noch überprüft und geschärft. Im Wesentlichen werden die Gebiete dargestellt, die für eine zukünftige Wärmenetzversorgung geeignet erscheinen, und die Gebiete, für die eine Einzelversorgung Vorrang haben wird. In Einzelversorgungsgebieten wird nach derzeitigem Erkenntnisstand keine Fernwärme zur Verfügung gestellt werden können, die Gebäude müssen dort mit dezentralen Lösungen oder kleinen Nahwärmenetzen mit Wärme versorgt werden. Hierbei sind die Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes zu beachten. Die Gebäude in den Einzelversorgungsgebieten werden derzeit noch überwiegend mit Erdgas oder Heizöl, vereinzelt auch schon mit Umweltwärme oder Biomasse versorgt. Für Einzelgebäude ohne Wärmenetzoption liegt die naheliegendste und oft effizienteste Lösung in Wärmepumpen in Verbindung mit Dach-PV-Anlagen. Für das Erdgasnetz wird seitens der Schwaben Netz Gmbh die Erstellung und Weiterentwicklung eines Gasnetztransformationsplans geplant. Hierfür werden die Netzbetreiber untersuchen, ob bzw. welche Möglichkeiten zur Erzeugung und Integration von klimaneutralen Gasen (überwiegend grüne Gase / Biogas, Wasserstoff) in das Bestandsnetz bestehen. Zwar ist das Erdgasnetz baulich geeignet, um auch klimaneutrale Gase zu transportieren. Allerdings bestehen nennenswerte Risiken in der Umstellung. Die begrenzte Verfügbarkeit klimaneutraler Gase sowie erwartbar hohe Kosten (steigende Emissionskosten für CO2 und die Kosten klimaneutraler Gase, aber auch die Verteilung der Netzentgelte mit der Abschreibung des Gasnetzes bei zunehmend weniger Kunden). Zudem steht mittlerweile aufgrund vielfältiger wissenschaftlicher Expertise fest, dass Wasserstoff zur Heizung von Gebäuden kurz- und mittelfristig keine sinnvolle Alternative darstellt. In keiner einzigen von mittlerweile über sechzig namhaften wissenschaftlichen Studien wird das Heizen mit Wasserstoff als kostengünstige Zukunftsoption ermittelt. Wärmepumpen, Fern- und Nahwärmenetze und eine gute Gebäudedämmung schneiden wirtschaftlich betrachtet und auch in der Verlässlichkeit der Umsetzung in diesen Studien besser ab. § 71k GEG fordert zudem für die Gasnetze einen verbindlichen Fahrplan zur Umstellung mit zeitlichen, räumlichen, technischen und wirtschaftlichen Zwischenschritten, der bislang für Schwaben nicht vorliegt. Daher erfolgt auch derzeit keine Ausweisung von Wasserstoffeignungsgebieten im Rahmen des Wärmeplans. Gegebenenfalls könnten diese in der gesetzlich geregelten Fortschreibung der Wärmeplanung später berücksichtigt und aufgenommen werden. Etwas anders stellt sich die Situation in den Gebieten dar, die nahe am oder im Fernwärmenetzbereich des ZAK liegen. Das vorhandene Bestandsnetz ist durchaus bereits weitläufig und existiert seit ca. 40 Jahren. Es wird betrieben vom ZAK auf der Basis thermischer Abfallverwertung am Müllheizkraftwerk (MHKW) Kempten und wurde als Hochtemperaturnetz (130°C) konzipiert und ursprünglich orientiert an Großkunden, was die Nutzung für Kleinabnehmer bisher unwirtschaftlich machte. Geplante Veränderungen liegen in einer Effizienzsteigerung der Verbrennung am Müllheizkraftwerk, dem Einbinden industrieller Abwärme sowie dem weiteren Einsatz von Speichertechnologien (untersucht wurde z. B. ein Erdwärme-Saisonalspeicher). Mittlerweile bestehen im Wärmenetz nur noch sehr geringe Wärmeverluste, der gesamte Leitungsbestand ist bereits saniert, gut isoliert und mit Leckwarnsystemen ausgestattet. Als Herausforderung stellt sich derzeit dar, wie Übergabestationen zur Versorgung des Privatwohnbereichs gestaltet werden können. Hier können z. B. auch nachgelagerte kleinere Nahwärmenetze angedacht und konzipiert werden, diese Perspektiven sollen ebenfalls in den weiteren Jahren und im Fernwärme – Transformationsplan genauer untersucht und präzisiert werden. Vorwiegend in Einzelversorgungsgebieten, aber auch in Bereichen mit besonders hoher Sanierungsdichte oder alternativ einem hohen Wärmebedarf, der auch die Schaffung eines eigenen, von der Fernwärme unabhängigen Netzes ermöglichen könnte, können gegebenenfalls auch Sanierungsgebiete ausgewiesen werden. Vorstellbar wären als Sanierungsziele die Schaffung eigener kleiner Nahwärmenetze z. B. durch Energiegenossenschaften oder andere interessierte Wärmevermarkter oder alternativ die Schaffung guter steuerlicher Rahmenbedingungen für die Sanierung und / oder Heizungserneuerung von Gebäuden in Quartieren, die besonders von solchen Maßnahmen profitieren könnten. Für die Erreichung des Zielszenarios werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen:

Maßnahme 1: Untersuchungen zur Erweiterung des Fernwärmenetzes

Es sollen Machbarkeitsstudien für die Erweiterung des Bestandswärmenetzes auf allen Ebenen durchgeführt werden. Möglichkeiten bestehen in der Untersuchung der technischen und wirtschaftlichen Realisierbarkeit der Erweiterung des Bestandsnetzes auf die markierten Gebiete sowie einer Veränderung der Übergabestationen hin zu einer Wirtschaftlichkeit auch für kleinere Verbraucher, zum Beispiel durch anschließende Nahwärmenetze. Weiterhin sollen Untersuchungen zur Integration erneuerbarer Energiequellen aus industrieller Abwärme, Flusswasserwärme und Abwasserwärme durchgeführt werden (Idee: ggf. Wärmeentnahme im Stadtgebiet und Wiederaufwärmen des Hauptabwassersammlers durch Wärme der Kompostieranlage Schlatt). Die Untersuchung von Speichermöglichkeiten (bereits angedacht: Erdwärme-Saisonalspeicher) soll fortgeführt werden, und die Spitzenlastheizkraftwerke sollen auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Zur Durchführung der Maßnahmen sollen die bestehenden Fördermöglichkeiten der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW 50 % der förderfähigen Kosten, max. 2 Mio. € pro Antrag) auch bereits für Untersuchungen in Anspruch genommen werden.

Maßnahme 2: Festlegung von Flächen für die Ausweisung von Sanierungsgebieten

In förmlich festgelegten Sanierungsgebieten besteht für Hauseigentümer die Möglichkeit, Bau- und Planungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen bei Gebäuden erhöht steuerlich abzuschreiben (§ 7 h, § 10f Einkommensteuergesetz (EstG)). Eine Gebietsausweisung soll angepasst an die Ergebnisse der Wärmeplanung erfolgen, dabei liegt der Fokus auf Einzelversorgungsgebieten (mit altem Gebäudebestand, hohem Sanierungspotenzial, hohem spezifischen Wärmebedarf). Sinnvollerweise können städtebauliche Missstände nach der Änderung des Baugesetzbuchs auch in Bezug auf „die energetische Beschaffenheit, die Gesamtenergieeffizienz der vorhandenen Bebauung und der Versorgungseinrichtungen des Gebiets unter Berücksichtigung der allgemeinen Anforderungen an den Klimaschutz und die Klimaanpassung“ vorliegen und die Ausweisung eines Sanierungsgebiets rechtfertigen. Mögliche Gebiete könnten Altstadt, Stiftsstadt (Denkmalschutz beachten), Thingers (Süd), Ludwigstraße, u.a.m. sein. Die Entscheidung über Gebietsausweisungen in den kommenden Jahren trifft der Stadtrat je nach Vorliegen konkreter Voraussetzungen. Es kann auch eine Kombination mit dem Beratungsangebot für Sanierungen aus Maßnahme 3 erfolgen.

Maßnahme 3: Energie-, Sanierungs- und Förderberatung

Der Fokus der Maßnahme sollte auf Einzelversorgungsgebieten liegen. Das bestehende Beratungsangebot ist an die Ergebnisse der Wärmeplanung anzupassen und das Angebot an Beratung in Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren (eza!, Energieagenturen, Handwerksbetriebe) zu vergrößern. Optionen bestünden in Veranstaltungsreihen zu technischen Möglichkeiten der Gebäudesanierung, dezentralen Heizsystemen, Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten, aber auch in der digitalen Bereitstellung möglichst vieler Inhalte für die Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer. Unter Umständen können auch Banken und Bankberatungen einbezogen werden.

Maßnahme 4: Untersuchungen zur Kapazitätssicherung des Stromnetzes

Die Erstellung sektorübergreifender Technologieprognosen für die Strombedarfsentwicklung stehen an, um die zunehmende Elektrifizierung der Energieversorgung durch Wärmepumpen, Ladesäulen, PV-Anlagen, Batteriespeicher etc. sicher zu stellen und die Integration erneuerbarer Energiequellen zu ermöglichen. Ziel ist die Erarbeitung eines Fahrplans zur Sicherung der Netzkapazität & Netzstabilität bei der zu erwartenden Elektrifizierung der Wärmeversorgung. Dabei sind auch alle Möglichkeiten von Sektorkopplungsstrategien (energietechnische und energiewirtschaftliche Verknüpfung von Strom, Wärme, Mobilität und industriellen Prozessen) zu berücksichtigen bzw. zu entwickeln.

Maßnahme 5: Sicherung der Versorgung mit erneuerbaren Energien

Möglichkeiten zur erneuerbaren Stromerzeugung sollen konsequent genutzt werden. Der Ausbau von PV-Großanlagen bietet sich insbesondere auf den privilegierten Flächen im 200 m-Korridor um Autobahnen und Schienen an, da hier kein Bebauungsplan mehr erforderlich ist. Wichtig ist auch die Nutzung von Dachflächen, insbesondere auf großen Dächern (Öffentliche Gebäude, Industriegebiete). Zugleich sind Untersuchungen zu Speichermöglichkeiten sowie alternative Erzeugungswege für Strom aus erneuerbaren Energien (Klärgase, Biomasse, Windkraft etc.) sinnvoll.

Maßnahme 6: Informationen zum Transformationsplan des Gasnetzes

Eine ausreichende und dennoch klimaneutrale Energieversorgung ist insbesondere für Unternehmen mit hohem Energiebedarf sicherzustellen. Für eine mögliche Transformation des Gasnetzes soll seitens der Schwaben Netz GmbH ein Gasnetztransformationsplan bis Ende 2028 erstellt werden. Der Transformationsplan soll die Möglichkeiten zur Erzeugung und Integration von klimaneutralen Gasen (Biogas, Wasserstoff) in das Bestandsnetz durch Untersuchungen erarbeiten bzw. genauer darstellen. Die Kosten sowohl für die Untersuchungen und Umsetzungsmöglichkeiten sind zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht bezifferbar, sie sind jedoch nicht förderfähig. Das Ziel des Transformationsplans soll nach § 71k GEG ein verbindlicher Fahrplan zur Umstellung des Netzes auf klimaneutrale Gase mit zeitlichen, räumlichen, technischen und wirtschaftlichen Zwischenschritten sein. Aufgrund der Tatsache, dass das Wasserstoffkernnetz im Süden Deutschlands nur bis Ulm reichen wird, geht die Stadt Kempten derzeit davon aus, dass keine zeitnahe Möglichkeit besteht, über das Gasnetz klimaneutral heizen zu können. Es ist daher derzeit auch nicht vorhersehbar, ob im Transformationsplan nicht auch Teile des Gasnetzes abgehängt werden oder die Betreiber Teile des Gasnetzes stilllegen werden. Es besteht die Option, die Ergebnisse des Transformationsplans in die nächste Fortschreibung der Wärmeplanung aufzunehmen.

Maßnahme 7: Energetische Sanierung und Dekarbonisierung städtischer Liegenschaften

In dieser Maßnahme wird insbesondere auf die Beispielfunktion der Stadt abgestellt. Zur Reduktion von Treibhausgasemissionen sollten die Leitlinien zu Gebäudesanierungen und zum Einsparen von Treibhausgasemissionen von öffentlichen Liegenschaften verbindlich gefasst und nach außen kommuniziert werden. Die Aufnahme des energetischen Zustands der Gebäude als Priorisierungshilfe soll erarbeitet werden, außerdem fehlen teilweise Sanierungsfahrpläne für die städtischen Gebäude zum Ableiten von individuellen, schrittweisen Maßnahmenpaketen mit Abschätzung der Kosten. Eine zusätzliche Option wäre die Entwicklung einer Leitlinie zum Ausbau von Photovoltaikanlagen auf den Dachflächen städtischer Liegenschaften sowie weiteren Flächen in öffentlicher Hand (Parkplätze, Freiflächen u.a.). Fördermöglichkeiten bestehen über die KfW “Energieeffizient Sanieren” und die Bundesförderung für effiziente Gebäude.

Maßnahme 8: Strategische Spartenkoordination

Aufgrund der vielfältig anstehenden Baumaßnahmen im Energiebereich erfolgt eine Fortführung und Intensivierung der strategischen Spartenkoordination als regelmäßiger Austausch zwischen Energieversorgungsunternehmen und Bauämtern, koordiniert von Stabsstelle Baureferat/Wärmeplanung. Das Ziel ist eine langfristige Synchronisation und Ökonomisierung der Energie- und Infrastrukturprojekte.

Nach der Vorstellung der kommunalen Wärmeplanung steht Frau Schlüter für Fragen zur Verfügung. Herr Dr. Mühlegger merkt an, dass es viele Fachbegriffe bei der kommunalen Wärmeplanung gebe und dass es eventuell sinnvoll sei als separate Kommunikationsmaßnahme ein Glossar für die Bürgerschaft anzufertigen. Frau Schlüter nimmt dies als gute Idee auf und legt dar, dass es gut wäre, sich in der Verwaltung mit einer bürgerfreundlichen „Übersetzung“ der kommunalen Wärmeplanung zu beschäftigen und eventuell zu überlegen, die Wärmeplanung in einfacher Sprache zu präsentieren. Frau Stadträtin Epple kommentiert, dass wir ganz dringend die begleitende Energieberatung, Sanierungsberatung und Förderberatung benötigen, um die kommunale Wärmeplanung für die Bürger/innen zu „übersetzen“. Neben der klassischen Energieberatung sieht sie in diesem Bereich auch Vereine, wie Haus und Grund beispielsweise, in der Pflicht, diese „Übersetzung“ mitzudenken und ihre Mitglieder dazu zu animieren, etwas zu tun und umzusetzen. Alle sollten hier gemeinsam an einem Strang ziehen. Herr Sambale regt für Maßnahme 6 folgende Änderung an: Umbenennung der Maßnahme in „Informationen zum Gasnetz“. Weiterhin regt er an den Begriff „Transformationsplan“ komplett zu streichen, weil diese Formulierung ein wenig irreführend wäre. Man könnte weiterhin auch klar sagen, dass sämtliche verfügbaren Studien aufzeigen, dass Wasserstoff in absehbarer Zeit nicht fürs Heizen verfügbar sein wird. Herr Stadtrat Hartmann befürwortet, dass mit der kommunalen Wärmeplanung noch keine Anschlussgebiete ausgewiesen werden, weil dann auch keine Fördermittel mehr für solche Anschlussgebiete verfügbar wären. Weiterhin betont er, dass alles, was im Rahmen der Wärmeplanung formuliert wird, darauf fußt, im ersten Schritt den Energie- und Wärmebedarf für Gebäude zu reduzieren. Die Wärmeplanung fokussiert vor allem darauf, mit welchen Energien zukünftig geheizt werden könne. Bei der Betrachtung der dafür notwendigen Kosten, werde es „schon dünner“ und wenn es darum geht, dass man den Energiebedarf zuvor reduzieren muss, damit diese ganze Systematik überhaupt funktioniert, dann würde da gerne nicht mehr darüber gesprochen. Um den Gebäudebestand in Kempten klimaneutral zu ertüchtigen, hat er eine Größenordnung von 100 bis 200 Milliarden Euro im Stadtgebiet Kempten in den nächsten 10 Jahren errechnet. Den jetzt vorhandenen Energiebedarf mit einer anderen, erneuerbaren Energie zu ersetzen wird deshalb nicht funktionieren. Deshalb sollte in der Kommunikation ganz klar benannt werden, dass Gebäude jetzt saniert und gedämmt werden müssen. Frau Stadträtin Epple ergänzt, dass man sich nur dann wirkungsvoll auf diesen Weg begeben könne, wenn alle Akteure – Privatpersonen, Wirtschaft, Stadt – an einem Strang ziehen. Herr Professor Steyer greift nochmals das Thema „Gasnetz“ auf. Da Wasserstoffeignungsgebiete jetzt kein Teil der kommunalen Wärmeplanung sind, fragt er, ob man diese in der kommunalen Wärmeplan nicht sogar ganz ausschließen solle. Frau Schlüter warnt vor so einer Vorgehensweise und betont, dass es sehr unwahrscheinlich sei, zukünftig Wasserstoff für das Heizen von Gebäuden zu verwenden, dass aber Kemptener Unternehmen zuverlässige Energiequellen benötigen und dass Wasserstoff da auch eine Rolle spielen werde. Nur weil es derzeit noch keinen Gastransformationsplan gebe, könne man das Thema zum jetzigen Zeitpunkt nicht völlig ausschließen. Die kommunale Wärmeplanung wird ähnlich wie ein Flächennutzungsplan in den kommenden Jahren, spätestens alle fünf Jahre, fortgeschrieben werden, weil sich laufend neue Entwicklungen ergeben werden. Herr Dr. Mühlegger fragt, bis wann der kommunale Wärmeplan fertiggestellt wird und ob dies dann Auswirkungen über das Gebäudeenergiegesetz (GEG) hätte. Frau Schlüter erläutert, dass die kommunale Wärmeplanung bis Ende März 2025 fertiggestellt werden wird. Allerdings habe die Wärmeplanung der Stadt Kempten keine Auswirkungen über das GEG, weil die Stadt Kempten in der Wärmeplanung keine verbindlichen Wärmenetzausbaugebiete bzw. verbindliche Wasserstoffeignungsgebiete ausweist. Wenn der Wärmeplan der Stadt Kempten solche Gebiete ausweisen würde, dann würde sofort eine rechtsverbindliche Umsetzung zur Geltung kommen. In einem solchen Falle müsste die Stadt politisch agieren und entsprechende Gebiete mit Satzungen versehen. Dies wird derzeit jedoch an keiner Stelle der kommunalen Wärmeplanung getan, sondern man stellt lediglich Untersuchungsgebiete und ein Zielszenario dar. Mit der kommunalen Wärmeplanung Kempten ist für den Bürger kein rechtsverbindlicher Beschluss verbunden; erst ab 2028 würde die kommunale Wärmeplanung laut GEG verbindlich werden. Alternativ kann mit einem politischen Beschluss zu konkreten Gebieten in der Stadt z.B. ein Netzausbau, ein Sanierungsgebiet oder ein Anschlusszwang mit Behandlung in den politischen Gremien, mit Bürgerbeteiligung sowie mit öffentlicher Auslegung der Unterlagen festgelegt werden. Herr Weiß unterstützt das zuvor geäußerte Anliegen von Herrn Dr. Mühlegger, die Öffentlichkeitsarbeit expliziter in den einzelnen Maßnahmen zu formulieren. Frau Schlüter entgegnet, dass dies ein Haushaltsthema wäre und dass derzeit keine Mittel für eine unterstützende Öffentlichkeitsarbeit verfügbar seien. Frau Stadträtin Epple betont, dass die Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerinformation schon eine Aufgabe der Stadt sei und dass diese im Rahmen der verfügbaren Mittel umgesetzt werden müsse. Herr Sambale ergänzt, dass die Öffentlichkeitsarbeit ja sowieso im Rahmen der Beratungen erfolge und dass es eher darum geht, in welcher Tiefe die Informationen über die Beratungen transportiert werden könne. Herr Koemstedt führt an, dass die kommunale Wärmeplanung kein statisches Konzept ist. Er nimmt an, dass die Überarbeitung der Wärmeplanung in schnelleren Schritten als den derzeit vorgesehenen Fünfjahreszeiträumen geschehen wird, weil es in diesem Bereich viel Veränderung gibt und weil in wenigen Jahren die Transformationspläne vom ZAK und von Erdgas Schwaben vorliegen werden. Informationen an die Bürger sind notwendig, aber konkret werden diese Informationen für den einzelnen Bürger im Rahmen von Energieberatungen. Mit Beschluss der Wärmeplanung im März 2025 im Stadtrat muss sich die Stadt vorausschauend Gedanken in Richtung Umsetzung der Wärmeplanung machen. Dies sei eine Daueraufgabe, der sich die Stadt im Rahmen der Energiewende stellen müsse. Die Mitglieder des Klimaschutzbeirats befürworten abschließend einstimmig die im Vorlagebericht formulierte Empfehlung.

Empfehlung: Der Klimaschutzbeirat nimmt die Inhalte von Bestands- und Potentialanalyse sowie die Schlussfolgerungen daraus für das zukünftige Szenario einer klimaneutralen Wärmeversorgung in Kempten zustimmend zur Kenntnis. Dem Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz sowie dem Stadtrat wird empfohlen, den aus den heute vorgestellten Inhalten abschließend zu erarbeitenden Kommunalen Wärmeplan zu beschließen. 

Mit dem Beschluss des „Klimaplan 2035“ durch den Kemptener Stadtrat im Jahr 2022 übernahm die Stadt Kempten die Verantwortung für nachhaltigen Klimaschutz und setzte sich das ehrgeizige Ziel, bis 2035 klimaneutral zu werden. Der Begriff „Klimaneutralität“ bezieht sich dabei auf die Vorgabe, dass in der Stadt Kempten nur noch so viele Treibhausgasemissionen emittiert werden, wie von natürlichen Systemen aufgenommen werden können. Das übergeordnete Ziel ist also die Minderung des Treibhausgas- / CO2- Ausstoßes in den Bereichen Energie, Wärme und Verkehr. 2035 soll Kempten zu fast 100% erneuerbare Energien nutzen (100% EE-Strom und 95% EE-Wärme). Der zentrale Dreh- und Angelpunkt für die Erreichung der Klimaneutralität bis zum Jahr 2035 ist der Umbau der Energieversorgung. Erneuerbare Energien sollen an die Stelle der bisher überwiegend genutzten fossilen Brennstoffe treten. Dieses Ziel liegt letztlich allen Handlungsfeldern des Klimaplans zu Grunde. Die Energieversorgung insgesamt basiert in fast allen Bereichen noch immer zu mindestens zwei Dritteln auf fossilen Energieträgern. In den Bereichen Industriewärme und Wohnwärme werden drei Viertel der Versorgung über Erdgas sichergestellt. Zukünftig sollen durch Ausbauten im Fernwärmenetz und die Schaffung von Nahwärmenetzen ca. ein Viertel der Gebäude in Kempten über Nah- und Fernwärme versorgt werden können. Dies bedeutet im Gegenzug, dass sich drei Viertel der Gebäude selbst fossilfrei mit Wärme versorgen müssen. Das größte Potential dafür hat die Umweltwärme – weil sie bereits jetzt verfügbar, nahezu unendlich vorhanden und erneuerbar ist. Für deren Nutzung wird jedoch, für eine vollständig fossilfreie Wärmeerzeugung, Strom aus regenerativen Energien benötigt. Ähnlich stellt sich die Situation im Verkehr dar. Bisher wird noch der überwiegende Anteil der Fahrzeuge mit Benzin und Diesel betrieben. Die Elektrifizierung der Fahrzeuge hat nur dann die gewünschten positiven Umweltfolgen, wenn der dafür genutzte Strom aus erneuerbaren Energien stammt, also aus Photovoltaik, Wind- und Wasserkraft, alternativ auch aus Geothermiekraftwerken etc. Die ebenfalls dafür erforderlichen Speichertechnologien können im Verkehrssektor auch mit den Batteriespeichern der Fahrzeugflotte positiv verknüpft werden. Letztlich ist also die Herstellung von Strom aus erneuerbaren und / oder fossilfreien Energien der Knackpunkt der Energiewende. Der Klimaplan 2035 konkretisiert daher, dass dafür im Stadtgebiet Kempten die Stromversorgung in Abstimmung mit dem Allgäuer Überlandwerk zu 100% auf Basis erneuerbarer Energien erfolgen und dass die Wärmeversorgung im Stadtgebiet zu 95 Prozent auf Basis erneuerbarer Energien umgesetzt werden soll.

Soll-Stand:

Das Energie- und Umweltzentrum Allgäu (eza!) in Kooperation mit dem Allgäuer Überlandwerk (AÜW) und AllgäuNetz erstellte im Jahr 2023 eine Prognose für den Strombedarf der Stadt Kempten im Jahr 2035. Sie basiert unter anderem auf Klimaneutralitätsszenarien für Deutschland und das Land Bayern und rechnet vom Ausgangsjahr 2021 mit einem Anstieg des Strombedarfs für Kempten um 76 Prozent bis zum Jahr 2035. Dieser Annahme liegen bereits die nachfolgenden eher optimistischen Thesen zugrunde:

• Generelle Verbrauchsreduktion von Strom durch Effizienzsteigerungen, hier werden bei Haushalten 20%, bei der Wirtschaft 25% weniger Strombedarf angesetzt.

• Die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte liegt 2035 bei 90%, bei gleichzeitiger Reduzierung der Pkw-Zahl um 25%, der Lkw-Zahl um 20%.

• 50% des Wärmebedarfs der Haushalte und 38% des Wärmebedarfs in der Wirtschaft werden durch Umweltwärme gedeckt, bei gleichzeitiger Wärmebedarfsreduktion, z. B. durch Sanierung und Effizienzsteigerung, um 35% bei den Haushalten und 25% in der Wirtschaft. In Zahlen bedeutet dies, dass im Jahr 2021 in Kempten ein Strombedarf von 361 GWh/a bestand und 2035 ein prognostizierter Strombedarf von rund 636 GWh/a nachgefragt werden wird. Im Jahr 2021 wurden in Kempten 138 GWh/a Strom aus erneuerbaren Quellen produziert. Im Jahr 2035 sind 636 GWh/a notwendig. Es ist also, ausgehend vom Stand 2021, ein zusätzlicher Ausbau erneuerbarer Energiequellen von rund 500 GWh/a (Differenz 636 GWh/a – 138 GWh/a = 498 GWh/a) notwendig.

Fazit Soll-Stand: Im Jahr 2035 sollen zusätzlich zum bereits heute erneuerbar erzeugten Strom rund 500 GWh/a aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung stehen. Über den bereits heute erneuerbar erzeugten Strom hinaus sind somit im Jahr 2035 zusätzlich weitere Stromerzeugungsquellen notwendig. 

Ist-Stand:

Im Jahr 2021 wurden 138 GWh/a (Quelle eza! - Papier) regenerativ im Stadtgebiet erzeugt und 361 GWh/a Strom in Kempten verbraucht. Dieses Papier beinhaltet die Stromerzeugung durch die Müllverbrennung gemittelt über 10 Jahre zu 100% (Verbrennung biogener und fossiler Abfall und Eigenstromnutzung durch das Müllheizkraftwerk). Die installierte Leistung aus Photovoltaikanlagen lag Ende 2021 bei 32.808 kWp, davon nur und 2000 kWp aus einer Freiflächen-Photovoltaikanlage (Deponie Ursulasried). Im Jahr 2022 wurde in Kempten im Netzgebiet der AllgäuNetz GmbH & Co. KG ein Gesamtstromverbrauch von rund 353 GWh/a dokumentiert. Dabei betrug der Anteil der regenerativen Stromerzeugung im Netzgebiet von AllgäuNetz in Kempten gemessen am Gesamtstromverbrauch im Netzgebiet 28,4 Prozent (rund 101,4 GWh/a). Die installierte Leistung aus Photovoltaikanlagen lag Ende 2022 bei 35.796 kWp, der Zubau 2022 betrug also rund 3.000 kWp Leistung. Im Jahr 2023 – das Jahr für das die aktuellsten vollständigen Daten zur regenerativen Stromerzeugung verfügbar sind - betrug der Anteil der regenerativen Stromerzeugung in Kempten im Netzgebiet der AllgäuNetz gemessen am Gesamtstromverbrauch 32,3 Prozent (rund 109,6 GWh/a), er ist somit bilanziell um 4% im Vergleich zum Vorjahr gewachsen. Der Gesamtstromverbrauch ist hingegen - vermutlich aufgrund wirtschaftlicher Effekte und einer höheren Eigenverbrauchsquote - mit nur noch rund 338,6 GWh/a im Vergleich zum Jahr 2022 um 14,4 GWh/a gesunken. Die installierte Leistung aus Photovoltaikanlagen lag Ende 2023 bei 41.197 kWp, der Zubau betrug 2023 also rund 5.400 kWp Leistung. Zum Ende des Jahres 2024 erreichte der Ausbau der Photovoltaik in Kempten nach vorläufigen Zahlen rund 50.000 kWp installierte Leistung. Das entspricht einem weiteren Zubau von ca. 8.800 kWp im Jahr 2024. An erneuerbarer Stromversorgung wurden somit bisher jährlich im Stadtgebiet zwischen 3 MWp und zuletzt knapp 9 MWp zugebaut. Für Photovoltaikanlagen kann im Schnitt mit 1.100 Volllaststunden (Allgäuer Mittelwert) gerechnet werden. Aus 1.000 kWp installierter Leistung errechnet sich so rund 1 GWh/a an Stromertrag.

Handlungsmöglichkeiten:

Der zusätzlich erforderliche Strombedarf bis 2035 von rund 500 GWh/a stammt entsprechend den Vorgaben des „Klimaplan 2035“ zu 100% aus erneuerbaren Energien. Über den Zeitraum von 2021 bis 2035 wäre dafür rechnerisch der jährliche Zubau von rund 35 MWh/a erforderlich gewesen. Vergleicht man dies mit der Zubaurate in den Jahren 2021 bis 2024 von 3 bis knapp 9 MWp pro Jahr wird die Herausforderung deutlich. Im Stadtgebiet ist davon auszugehen, dass der Ausbau der regenerativen Stromerzeugung unter den aktuellen Voraussetzungen fast ausschließlich durch PV (Freifläche + Dächer + Parkplätze + Balkone…) realisierbar ist. Damit übersetzt sich der zusätzliche Strombedarf von 500 GWh/a in einen erforderlichen PV-Zubau von insgesamt rund 450 MWp. Linear hochgerechnet folgt daraus für die kommenden Jahre bis 2035 ein jährlicher Zubaubedarf an PV von rund 45 MWp pro Jahr ab sofort. Selbst wenn der Handlungszeitraum bis 2045 (dem bundesdeutschen Zieljahr für Klimaneutralität) verlängert werden würde, wäre die Stadt Kempten mit dem aktuellen Zubautempo immer noch bei weitem zu langsam. Legt man die bisherige Zubaurate zugrunde, würde Kempten erst im Jahr 2068 ausreichend Strom erzeugen. Für die Stadt Kempten (Allgäu) stellt sich die Situation nach einem von eza! und dem AÜW erarbeiteten Prognose-Papier (Stand Juni 2023) wie folgt dar: Die Stadt Kempten wird im Jahr 2035 einen Strombedarf von rund 636 GWh/Jahr (+ 76 % im Vergleich zum Jahr 2021) aufweisen. Nach der von eza! und AÜW erstellten „Argumentationshilfe für den Ausbau von Freiflächen-Photovoltaik in der Stadt Kempten“ wäre in Kempten im Jahr 2035 eine Erzeugung von 475 GWh/Jahr Strom aus regenerativen Quellen möglich.

Alle Annahmen erfordern also dringend einen weiteren Ausbau von Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, auch wenn die Zahlen seit dem Herbst 2023 mit den neuen Gesetzentwürfen nach BauGB §35 Abs.1 Nr.8b und Nr. 9 und dem darauf aufbauend erstellten FFPV-Leitfaden der Stadt Kempten erweitert werden würde. Insgesamt stehen jetzt in Kempten 122 ha + 152 ha an privilegierten Flächen prinzipiell für den Bau von FFPV-Anlagen zur Verfügung. Diese Flächen entsprächen einem PV-Potenzial von 274 MWp bzw. rund 300 GWh/a (statt 212 GWh/a in der Tabelle bisher). Rechnerisch stünden dann 563 GWh/a zur Verfügung, eine Versorgungslücke von rund 70 GWh/a bliebe jedoch immer noch bestehen. Außerdem ist davon auszugehen, dass der fehlende Versorgungsanteil höher sein wird als die prognostizierte Versorgungslücke:

• Alle vorstehenden Berechnungen sind rein bilanzielle Betrachtungen. Der Ausbau von Stromspeichern nimmt zwar gerade so langsam an Fahrt auf. Allerdings sind diese nur für die kurzfristige Speicherung von Strom geeignet. Für den langfristigen Ausgleich über Jahreszeiten hinweg wäre Windkraft hilfreich, weil der Wind im Winter tendenziell stärker weht und damit die geringere Sonneneinstrahlung ein Stück weit ausgleichen kann.

• Die PV-Potentialberechnung unterstellt, dass alle zur Verfügung stehenden Flächen zu 100% bebaut werden. Die genannten privilegierten Flächen werden jedoch nicht alle mit PV bebaut werden, weil einige bereits anderweitig (z.B. für Biogas) genutzt werden oder ungeeignet sind. Zudem haben wirtschaftlich interessante FFPV-Anlagen eine Mindestleistung von ca. 4 bis 5 MWp. Insbesondere bei den Flächen nach BauGB §35 Abs.1 Nr.9 mit maximal erlaubter PV-Leistung von 2,5 MWp wird nicht immer wirtschaftlich ein Netzanschluss herstellbar sein. Zudem müssen solche Anlagen als Agri-PV ausgestaltet sein.

• Nicht zuletzt hängt der Wille, eine PV-Anlage zu bauen, auch an zur Verfügung stehenden Fördermitteln. Die Klimaschutzplan-Maßnahme 4.3.2 Ausbau der Solarenergie-Nutzung im Stadtgebiet (Solaroffensive) wurde außerdem zurückgestellt, da sich hierfür keine Mehrheiten in der Stadtpolitik erkennen ließen.

Fazit: Der Klimaschutzbeirat erkennt beim Thema Energieversorgung der Zukunft dringenden Handlungsbedarf. Die Stadt Kempten erkennt die eigene Vorbildfunktion an und arbeitet weiter an der Ausweisung von EE-Flächen in der Bauleitplanung, der weiteren PV-Belegung eigener Liegenschaften sowie der Verschlankung von Genehmigungsprozessen und der schnellen Abwicklung von konkreten Vorhaben. Folgende konkrete Möglichkeiten empfiehlt der Klimaschutzbeirat der Stadt Kempten zur weiteren Prüfung:

• Erneute Diskussion und Wiederaufnahme der Klimaschutzplan-Maßnahme 4.3.2 Ausbau der Solarenergie-Nutzung im Stadtgebiet (Solaroffensive), idealerweise mit Fokus auf Dach- und Parkplatz-PV.

• Nutzung der Dächer städtischer Gebäude für die Stromerzeugung mit Ausbauplan und Finanzierung nach den Möglichkeiten des städtischen Haushalts (biggest first)

• Sanierungsfahrplan für den städtischen Gebäudebestand mit Laufzeit von 10 / 15 / 20 Jahren nach den Möglichkeiten des städtischen Haushalts (worst first)

• Weitere Durchführung von Sanierungsberatungen für die Bürgerinnen und Bürger insbesondere im Kontext der Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung

• Bereitstellung von Flächen im Außenbereich, die im Eigentum der Stadt sind, für die Nutzung mit PV / Agri-PV in Abwägung verschiedener Flächennutzungen

• Beteiligungen an Windparks außerhalb des Stadtgebiets über das AÜW

Appell an alle Akteure der Stadtgesellschaft

Der Klimaschutzbeirat der Stadt Kempten richtet einen dringenden Appell an alle Akteure der Stadtgesellschaft, den Ausbau erneuerbarer Energien als vorrangiges Ziel zu betrachten. Aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Notwendigkeit zu handeln, appelliert der Klimaschutzbeirat der Stadt an Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen in der Stadt, ihre Dächer mit Photovoltaikanlagen auszustatten bzw. auch kleine Möglichkeiten regenerativer Stromerzeugung wie Balkonkraftwerke zu nutzen. Auf allen geeigneten Dachflächen in der Stadt könnte ein Gesamtpotenzial von 297 GWh/Jahr entstehen, immerhin 150 GWh/a könnten mit einer rund fünfzigprozentigen Ausschöpfung des Potentials von Privateigentümern und Unternehmen beigetragen werden. Der aktuelle Ausbaustand beträgt hier derzeit lediglich 48 MWp (ca. 16% aller geeigneten Dächer). Für eine nachhaltige Energiezukunft ist außerdem aufgrund des hohen Strombedarfs der Ausbau von Freiflächen-PV-Anlagen schnell anzugehen. Auch jede andere Form erneuerbarer Stromerzeugung wie die Installation von Kleinstwindkraftanlagen oder die Verstromung von Biogas und Klärgasen sollten genutzt werden, um möglichst viel lokalen erneuerbaren Strom zu gewinnen. Hier werden insbesondere Firmen und Landwirte zur Mitwirkung aufgefordert. Zuletzt wird auch dringend auf die erforderliche Einsparung von Energie durch Sanierungen und Effizienzsteigerungen verwiesen. Auch hier ist die Stadtgesellschaft insgesamt gefragt, vor allem die Eigentümerinnen und Eigentümer älterer und / oder schlecht gedämmter, wenig energiesparender Gebäude. Investieren Sie jetzt in Solarstrom, die Erneuerung ihrer Heizung und die Sanierung ihrer Altbauten. Sparsame Elektrogeräte und gut gedämmte Gebäude sind nicht nur kostensparend, sie sind notwendig für eine lebenswerte Zukunft.

Nach der Vorstellung des Vorlageberichts durch Frau Schlüter, schlägt Frau Stadträtin Epple vor, dass aus ihrer Sicht mehr über die Nutzung bereits versiegelter Flächen, wie z.B. Großparkplätzen, für die Energiegewinnung nachgedacht werden müsse. Herr Stadtrat Hartmann ergänzt, dass es zur Stromgewinnung über PV-Anlagen auch einen Tag-Nacht-Shift sowie ein jahreszeitlichen Shift braucht, um den Strom zu jeder Zeit verfügbar zu haben. Dazu brauche es große Batteriespeicherkapazitäten im Stadtgebiet. Alternativ könnten auch 20.000 E-Pkws in der Stadt Kempten netzdienlich betrieben werden, um einen Tag-Nacht-Shift zu ermöglichen. Für die Organisation eines jahreszeitlichen Shifts mit Batterietechnologie benötigt man nach seinen Berechnungen etwa 180 Milliarden Euro an Investitionen sowie 57 Hektar Fläche. Alternativ könnten auch Speicherkraftwerke oder Biogasanlagen gebaut werden. Eine weitere Alternative wäre es, den jahreszeitlichen Shift mit synthetischen, lagerfähigen Kraftstoffen zu bewerkstelligen. Dazu würde ungefähr eine Verzehnfachung der Stromerzeugung benötigt. Auf den Punkt gebracht, empfiehlt Herr Stadtrat Hartmann, dass neben dem Bau von PV-Anlagen auf Dächern und versiegelten Flächen auch der Speicherbau hochgefahren werden müsse, um Strom lagerfähig zu machen. Dies erfordere eine komplett neue Investitionsdynamik. Herr Professor Steyer beschreibt, dass die fünf großen Studien zur Energiewende in Deutschland durchaus aufzeigen, dass ein Umbau auf erneuerbare Energien möglich ist und dass man den Appell an die Bürger positiv formulieren müsse, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass sowieso schon alles verloren ist. Weiterhin betont er, dass es seiner Meinung nach gut sei, dass zum jetzigen Zeitpunkt der Ausbau von Stromspeichern in Gang kommt und dass dies dazu führen wird, dass die Stromspeicher zukünftig auch netzdienlich eingesetzt werden. Mit dem weiteren Ausbau der Stromspeicher werden weitere Stromgebietszonen entstehen werden. Deshalb warnt er davor, den Stromspeicherausbau nicht weiter zu verfolgen mit dem Argument, dass der Bau von Stromspeichern lediglich profitorientiert ist. Herr Gras fragt in die Runde, ob Systeme bekannt seien, über die beispielsweise ein E-Auto netzdienlich genutzt werden könne. Herr Sambale erläutert, dass es derzeit Wege und Möglichkeiten entwickelt werden, bidirektionales Laden und Entladen eines Batteriespeichers zu ermöglichen. Frau Stadträtin Epple betont, dass es für die Stadt Kempten mit ihrem begrenzten Stadtgebiet schwierig sein wird, die Energiewende durch Energiegewinnung auf der eigenen Fläche umzusetzen. Man müsse das Umland unbedingt immer mit bedenken, z.B. bei einer Beteiligung des Allgäuer Überlandwerks an Windparks. In Ballungsgebieten funktionieren viele Dinge nicht im Gegensatz zu den Landgemeinden. Frau Gengenbach gibt zu bedenken, dass man auch bei einer möglichen Umsetzung der Energiewende auch immer den Gedanken des Stromsparens mittransportieren müsse. Je weniger Strom benötigt wird, desto weniger Strukturen müssen aufgebaut werden. Herr Stadtrat Tartler fragt nach, wie vom Klimaschutzbeirat formulierte der Appell konkret an die Bürger vermittelt werden soll. Frau Schlüter zählt auf, dass der Appell über die Presse, über das Internet und über die Sitzungsunterlagen in die Öffentlichkeit transportiert wird. Zusätzlich könne sich die Stadt überlegen, ob man das Thema auch über die social media Konten spielen könne. Dazu müsse der Klimaschutzbeirat allerdings seine Zustimmung zu dem vorliegenden Votum abgeben. Der Klimaschutzbeirat gibt ein einstimmiges Votum für den Appell ab.

Herr Weiß erläutert, dass es auch im Jahr 2025 am 8. Juli 2025 um 16:00 Uhr eine gemeinschaftliche Sitzung des Klimaschutzbeirats und der Arbeitsgruppe für Klimawandelanpassung geben wird zusätzlich zu den vier bestehenden Sitzungsterminen des Klimaschutzbeirats. Frau Stadträtin Epple spricht abschließend noch das aktuelle Thema der Fällung von vier Linden in der Kottener Straße an. Zukünftig sollte man im Stadtrat und in der Verwaltung achtsamer mit solchen Themen umgehen. Sie schlägt vor, als Kompensation für die gefällten Bäume weitere alte Bäume im Stadtgebiet in die Liste der Naturdenkmäler aufzunehmen. Herr Oberbürgermeister Kiechle erwidert, dass die Maßnahme an der Kottener Straße viele Menschen aufgewühlt hat und dass die Fällung vom Zeitablauf her nicht gut war. Bei diesem Projekt seien viele Dinge zusammengekommen, die nicht optimal gelaufen sind. Die Aufnahme weiterer Bäume in die Liste der Naturdenkmäler muss jedoch genau bedacht werden, weil die Stadt für die Bäume in dieser Liste zu 100 Prozent finanziell verantwortlich ist. In der Stadt sollte aber zukünftig der Schutz eines jeden Baumes und alle baulichen Alternativen sehr genau betrachtet und ausgelotet werden.

Sie haben Fragen?

Nutzen Sie bitte unser Kontaktformular

Adresse:

Stadt Kempten (Allgäu)
Rathausplatz 22
87435 Kempten (Allgäu)

Behördennummer (0831) 115:

alle Behördeninformationen unter einer Nummer, besetzt Montag bis Freitag 7.30 - 18.00 Uhr

Termine nur nach Vereinbarung:

Termin buchen